15. Oktober 2012
Russland: Wahlen nach Putins Plan
Zu den gestrigen Regionalwahlen in Russland erklärt Werner Schulz, Vizevorsitzender des Parlamentarischen Kooperationsausschusses EU-Russland (PCC):
Die ersten Wahlen seit Putins Wiederkehr als Präsident belegen erneut die Skrupellosigkeit, mit der die russische Regierung trotz der Proteste des vergangenen Winters an gelenkten Wahlen und offenem Wahlbetrug festhält. Vorab gefüllte Wahlurnen, Karussellabstimmungen, gefälschte Dokumente und Gewalt gegen Wahlbeobachter zeigen das gesamte Instrumentarium der Wahlfälschung. Wie bei den Dumawahlen im Dezember 2011 wurde damit den regierungstreuen Kandidaten ein ungefährdeter Sieg gesichert.
Die Hoffnungen der Opposition, Russland von unten über die Kommunen demokratisch zu erneuern, wurde rücksichtslos zerschlagen. Die angebliche Liberalisierung und Zugeständnisse, wie die erleichterte Parteiengründung und die wieder eingeführten Gouverneurswahlen erweiterten lediglich die Palette von Scheindemokratie und Missbrauch. Unabhängige Kandidaten wurden teils massiv bedrängt, sich der Regierungspartei anzuschließen oder ihre Kandidatur zurück zu ziehen oder eigens als Scheinkandidaten aufgebaut, um aussichtsreichen Oppositionskandidaten Stimmen abzunehmen.
Die geringe Wahlbeteiligung ist kein Zeichen von Stabilität, sondern vielmehr ein gefährliches Symptom für die gesellschaftliche Resignation und das sinkende Vertrauen in die politischen Institutionen. Erschwerend kommt hinzu, dass es vermutlich die letzten Wahlen waren, bei denen einheimische Wahlbeobachter wie Golos den Behörden ungefragt über die Schulter schauen konnten, bevor Ende November das neue NGO-Gesetz in Kraft tritt.
Die EU sollte angesichts dieser Scheindemokratie und zunehmend diktatorischen Tendenz die angestrebte "strategische Partnerschaft" auf den Prüfstand stellen und die Defizite endlich offen ansprechen.
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